Das Thema Qualzucht gewinnt immer mehr an Bedeutung. Im Februar trafen sich die verschiedensten “Experten”, um dieses Thema zu besprechen. In der Zeitschrift dogs, Ausgabe 3/2014, ist das Ergebnis ausführlich nachzulesen. Leider sind Tierärzte, Moderatoren und Genetiker nicht immer die Experten, die sich mit dem Großen und Ganzen befassen, sondern sie haben meist einen sehr eingeschränkten Blickwinkel. Ich als Mopszüchter und -liebhaber und Biologe, beschäftige mich mit der gesamten Materie, und nicht nur mit den kranken oder nur den gesunden Hunden. Auf der Hund und Katz in Dortmund hat der VDH eine Podiumsdiskussion zu diesem Thema veranstaltet. Seltsamerweise haben die meisten Experten des oben genannten Teams abgesagt. Das bringt mich zum nachdenken. Es gelang kurzfristig Vertreter von Vereinen als Diskussionsteilnehmer zu gewinnen. Darunter auch Vertreter des Deutschen Mopsclubs.
Ich möchte den VDH hiermit gar nicht in den Himmel heben. Ich weiß selbst, dass es auch hier einige “schwarze Schafe” gibt. Und es ist auch Fakt, dass es sehr kranke brachycephale (kurzköpfige) Hunde gibt. Doch man kann ihn auch in keinem Fall verteufeln, wie es die Medien und andere Hetzkampagnen tun. Von den verschiedensten Seiten wird uns vorgeworfen, keine geeigneten Maßnahmen gegen die Probleme der brachycephalen Hunde zu ergreifen, nicht kritisch genung darüber nachzudenken und sogar durch die Prämierung klinisch kranker Hunde auf Ausstellungen die Qualzucht zu fördern. Und dagegen möchte ich mich mal wehren.
Die Vereine, die brachycephale Rassen betreuen, reißen sich sozusagen den Popo auf, entwickeln immer neue Tests und veranlassen immer mehr Untersuchungen, um alles dafür zu tun, dass unsere geliebten Hunde nicht krank sind und ein zufriedenes, fröhliches Leben führen. Ich weiß nicht, wie man einem normal denkenden Menschen unterstellen kann, absichtlich kranke, nicht lebensfähige Hunde zu züchten. Ich möchte behaupten, dass wir Züchter unsere Hunde so sehr lieben, dass wir es nicht ertragen könnten, wenn unsere Tierchen leiden!!!! Ich kann hier nur vom Deutschen Mopsclub sprechen, und ich behaupte mich Fug und Recht, die Hunde in unserem Verein sind in keinem Fall krank, keins unserer Tiere, die zur Zucht zugelassen und auf Ausstellungen vorgeführt werden sind operiert oder haben eine OP nötig.
Ich möchte die Problematik “kranke, kurzschnäuzige Hunde”, die definitiv besteht, gar nicht wegreden. Ich kann auch den Standpunkt der Tierärzte verstehen, die jeden Tag solche Hunde behandeln. Doch man muss auch dazu sagen, dass sie sich eben ausschließlich mit den kranken Tieren befassen und somit auch das größte Elend sehen. Und dieses Elend kommt in den seltensten Fällen von VDH-Züchtern. Die Zahlen sprechen für sich:
Nur etwa 14% der neu registrierten brachycephalen Hunde von Tasso stammen aus VDH-Zuchten. Wie man weiß, werden noch lange nicht alle in Deutschland lebenden Hunde bei Tasso registriert. Deshalb kann man davon ausgehen, dass der Anteil in Wirklichkeit noch sehr viel geringer ist. Wie viel Einfluss hat der VDH also auf die Gesundheit der Rassenhunde? Er ist demnach zwar das “Gesicht der Rassehundezucht”, aber die meisten Hunde kommen aus anderen Quellen; aus Vermehrungsanstalten, von osteuropäischen Hundehändlern und sogenannten Freivermehrern (keine sogenannten Züchter). Leider ist es so, dass registrierte Züchter, wie die aus dem VDH, nun mal die einzigen greifbaren sind, auf die sich die Medien stürzen können. Alle anderen kann man nicht an den Pranger stellen, weil sie nicht erreichbar sind.
Der Wunsch nach einem kleinen süßen Welpen ist oft so groß, und das Portemonnaie so dünn. Und der Wunsch einem kleinen süßen Hund das Leben zu retten ist umso größer. Diese Tatsache wird von skrupellosen Menschen ausgenutzt. In den Anzeigen erscheinen bildhübsche Welpen mit treuem Hundeblick. Reinrassige Welpen zum Billigpreis. In der “‘Geiz-ist-geil”-Gesellschaft spricht das sehr viele Leute an. Schließlich kauft man ja auch Klamotten vom Wühltisch, je billiger das Angebot, desto besser. So verkommt auch das Hundebaby zum “Wühltischwelpen”. Doch so gut die Absichten der Leute auch sein mögen, viele vergessen, dass mit dem Kauf dieses Welpen die Machenschaften finanziert werden. Die Elterntiere leben meist in grausamen Umständen, werden als Zuchtmaschine benutzt und wenn sie aufgebraucht sind, werden sie einfach entsorgt. Und immer wieder folgen auf den Kauf Wochen des Grauens, weil der Hund krank ist und womöglich sogar stirbt. Diesen Hundehändlern ist das egal, ihnen geht es einzig und allein um Profit, sie gehen dafür über Hundeleichen. Hier eine kleine Geschichte, die vielleicht einige zum Nachdenken anregt:
Die traurige Geschichte von “Lea”
Ich weiß nicht mehr viel von dem Ort, wo ich geboren bin. Es war eng und dunkel und nie spielte ein Mensch mit uns. Ich erinnere mich noch an Mama und ihr weiches Fell, aber sie war oft krank und sehr dünn. Sie hatte nur wenig Milch für mich und meine Brüder und Schwestern. Die meisten von ihnen waren plötzlich gestorben.
Als sie mich von meiner Mutter wegnahmen, hatte ich furchtbare Angst und war so traurig. Meine Milchzähne waren kaum durchgestoßen und ich hätte meine Mama doch noch so sehr gebraucht.
Arme Mama, es ging ihr so schlecht. Die Menschen sagten, dass sie jetzt endlich Geld wollten und dass ihnen das Geschrei von meiner Schwester und mir auf die Nerven ginge. So wurden wir eines Tages in eine Kiste verladen und fortgebracht. Wir kuschelten uns aneinander und fühlten wie wir beide zitterten, ohnmächtig vor Angst. Niemand kam, um uns zu trösten.
All diese seltsamen Geräusche und erst noch die Gerüche – wir sind in einem “Petshop”, einem Laden, wo es viele verschiedene Tiere gibt. Einige miauen, andere piepsen, einige pfeifen. Wir hören auch das Wimmern von anderen Welpen. Meine Schwester und ich drücken uns eng zusammen in dem kleinen Käfig.
Manchmal kommen Menschen uns anschauen, oft ganz kleine Menschen, die sehr fröhlich aussehen, als wollten sie mit uns spielen. Tag um Tag verbringen wir in unserem kleinen Käfig. Manchmal packt uns jemand und hebt uns hoch um uns zu begutachten. Einige sind freundlich und streicheln uns, andere sind grob und tun uns weh. Oft hören wir sagen “oh, sind die süß, ich will eines”, aber dann gehen die Leute wieder fort.
Letzte Nacht ist meine Schwester gestorben. Ich habe meinen Kopf an ihr weiches Fell gelegt und gespürt, wie das Leben aus dem dünnen Körperchen gewichen ist. Als sie sie am Morgen aus dem Käfig nehmen, sagen sie, sie sei krank gewesen, und ich sollte verbilligt abgegeben werden, damit ich bald weg komme. Niemand beachtet mein leises Weinen, als mein kleines Schwesterchen weggeworfen wird.
Heute ist eine Familie gekommen und hat mich gekauft! Jetzt wird alles gut! Es sind sehr nette Leute, die sich tatsächlich für MICH entschieden haben. Sie haben gutes Futter und einen schönen Napf dabei und das kleine Mädchen trägt mich ganz zärtlich auf den Armen. Ihr Vater und ihre Mutter sagen, ich sei ein ganz süßes und braves Hundchen. Ich heiße jetzt Lea. Ich darf meine neue Familie sogar abschlabbern, das ist wunderbar. Sie lehren mich freundlich, was ich tun darf und was nicht, passen gut auf mich auf, geben mir herrliches Essen und viel, viel Liebe.
Nichts will ich mehr als diesen wunderbaren Menschen gefallen und nichts ist schöner, als mit dem kleinen Mädchen herumzutollen und zu spielen.
Erster Besuch beim Tierarzt. Es war ein seltsamer Ort, mir schauderte. Ich bekam einige Spritzen. Meine beste Freundin, das kleine Mädchen, hielt mich sanft und sagte, es wäre ok, dann entspannte ich mich. Der Tierarzt schien meinen geliebten Menschen traurige Worte zu sagen. Sie sahen ganz bestürzt aus.
Ich hörte etwas von schweren Mängeln und von Dysplasie E und von Herz zwei. Er sprach von wilden Züchtern und dass meine Eltern nie gesundheitlich getestet worden seien. Ich habe nichts von alledem begriffen, aber es war furchtbar, meine Familie so traurig zu sehen.
Jetzt bin ich 6 Monate alt. Meine gleichaltrigen Artgenossen sind wild und stark, aber mir tut jede Bewegung schrecklich weh. Die Schmerzen gehen nie weg. Außerdem kriege ich Atemnot, wenn ich nur ein wenig mit dem kleinen Mädchen spielen will. Ich möchte so gerne ein kräftiger Hund sein, aber ich schaffe es einfach nicht. Vater und Mutter sprechen über mich. Es bricht mir das Herz, alle so traurig zu sehen.
In der Zwischenzeit war ich oft beim Tierarzt und immer hieß es “genetisch” und “nichts zu machen”. Ich möchte draußen in der warmen Sonne mit meiner Familie spielen, möchte rennen und hüpfen. Es geht nicht.
Letzte Nacht war es schlimmer als eh und je. Ich konnte nicht einmal mehr aufstehen um zu trinken und nur noch schreien vor Schmerzen. Sie tragen mich ins Auto. Alle weinen. Sie sind so seltsam, was ist los? War ich böse? Sind sie am Ende böse auf mich? Nein, nein, sie liebkosen mich ja so zärtlich.
Ach, wenn nur diese Schmerzen aufhörten! Ich kann nicht mal die Tränen vom Gesicht des kleinen Mädchens ablecken, aber wenigstens erreiche ich ihre Hand.
Der Tisch beim Tierarzt ist kalt. Ich habe Angst. Die Menschen weinen in mein Fell, ich fühle, wie sehr sie mich lieben. Mit Mühe schaffe ich es, ihre Hand zu lecken.
Der Tierarzt nimmt sich heute viel Zeit und ist sehr freundlich, und ich empfinde etwas weniger Schmerzen.
Das kleine Mädchen hält mich ganz sanft, ein kleiner Stich………. Gott sei dank, der Schmerz geht zurück.
Ich fühle tiefen Frieden und Dankbarkeit. Ein Traum, ich sehe meine Mama, meine Brüder und Schwestern auf einer großen grünen Wiese. Sie rufen mir zu, dass es dort keine Schmerzen gibt, nur Friede und Glück. So sage ich meiner Menschenfamilie Aufwiedersehen auf die einzige mir mögliche Weise: mit einem sanften Wedeln und einem kleinem Schnuffeln.
Viele Jahre wollte ich mit Euch verbringen, es hat nicht sein sollen. Stattdessen habe ich Euch so viel Kummer gemacht. Es tut mir leid, ich war halt nur Händlerware.
Lea – 1999 J. Ellis – bewilligte Übersetzung von E.Wittwer
Obwohl dies eine fiktive Geschichte ist, beruht sie auf Tatsachen. Warum bekommt man so einen Welpen für wenige hundert Euro? Es wird sich nicht um die Gesundheit von Mutter und schon gar nicht um die der Welpen gesorgt. Hygiene, Impfungen und Entwurmungen sind Fremdwörter; Krankheiten, ob genetisch oder erworben, sind an der Tagesordnung. All das würde Geld kosten. Die Prägung der Welpen wird vollkommen vernachlässigt. Die Tiere sind meist verhaltensgestört, weil sie viel zu früh der Mutter entrissen werden und kein Rudelverband haben und somit auch kein Sozialverhalten lernen. Die Umwelteindrücke, die diese Welpen erleben, sind meist nicht die besten. Die meisten Menschen denken überhaupt nicht darüber nach, dass eine seriöse Hundezucht sehr viel Geld verschlingt und das man für einen Hund sparen sollte, wie für ein Auto oder ein Haus. In diesem Fall gilt das Sprichwort: Was gut ist, hat seinen Preis.
Wenn man ein Tier retten möchte, einem armen Welpen oder erwachsenen Hund ein gutes zu Hause bieten möchte, dann gibt es doch genug Tierschutzorganisationen, die etliche solcher Hunde beherbergen und dringend nach zukünftigen Besitzern suchen. Wenn diese Hundmafia kein Geld mehr verdient, dann würde es so viel weniger Hundelend geben!!
Ein Heimtierzuchtgesetz würde einige dieser Probleme lösen. Dafür kämpfen schon sehr lange der VDH und verschiedene Experten. Mit diesem Gesetz besteht eine Rechtsgrundlage, um gegen Hundevermehrer und -händler vorzugehen. In Deutschland muss man für alles eine Genehmigung erteilt bekommen, doch jeder darf ohne Sachkunde und Verstand Hunde züchten. Es stellt sich die Frage, ob wir als VDH-Züchter nicht gegen Windmühlen kämpfen. Ist der Kampf um die Gesunderhaltung brachycephaler Rassen bereits verloren? Ist es schon so sehr in den Köpfen verankert, dass diese Hunde krank sind, keine Luft bekommen und nicht lebensfähig sind, dass es bald zum Verbot dieser Rassen kommt? (siehe Hetzkampagne gegen “Kampfhunde”)
Es besteht ebenso noch die allgemeine Meinung, dass Mischlingshunde die gesünderen Hunde sind. Sie werden dann “altdeutscher Mops”, “Sportmops” oder “Retromops” genannt. Nur leider ist das ein verzweifelter Versuch, innerhalb einer Generation die Nase zu verlängern, die in Jahrzehnten weggezüchtet worden ist. Das die Einkreuzung von anderen Rassen, vor allem von Jagdhundrassen wie Jack-Russel, Beagle oder Dackel, den Charakter eines Familienhundes verfälscht, wird dabei unterschätzt. Ich habe schon die abenteuerlichsten Mischlinge kennengelernt. Und ich muss sagen, die Mischung von Dominanz und Selbstbewusstsein eines Mopses und dem Jagdtrieb und der Forschheit eines Jack-Russels, bringt Hunde hervor, mit denen man nicht so leicht zurecht kommt. Es entstehen Hunde, die unter Umständen mit Vorsicht zu genießen sind. Und sie tragen Eigenschaften, mit denen jemand, der sich einen Mops kauft, überhaupt nicht rechnet. Es dauert länger die Nase wieder heranzuzüchten, und wenn jemand wirklich was für den Mops tun möchte, dann muss er Zeit und Geduld mitbringen. Die Zucht mit all ihrer Genetik und Vererbung ist eben nichts für Jederman!
Die oben genannten Zuchtmaßnahmen zeigen schon seit längerer Zeit Wirkung, beim Teckel beispielsweise wurde eine erbliche Augenkrankheit vollkommen eliminiert, allein durch Zuchtausschluss betroffener Hunde. Fazit der Podiumsdiskussion in Dortmund am 10. Mai: Im VDH gezüchtete Rassehunde sind besser als ihr Ruf, Zuchtmaßnahmen wirken, wir wollen und werden weiterhin das Gesicht der Rassehundezucht in Deutschland sein, auch wenn das Gros der “Rassehunde” nicht aus VDH-Zuchten stammt. Bleibt die Hoffnung, dass die Bemühungen um die Gesunderhaltung von Rassehunden im VDH auf alle anderen “abfärben”.
Eva-Maria Deinat